Eine Geschichte von Schuld, Vergebung und Freiheit
Hat sich hier nicht ein kleiner Fehlerteufel eingeschlichen? Müsste es nicht „alle Jubeljahre“ heißen? Nein, der Ursprung dieses Wortes ist tatsächlich das "Jobeljahr"! Im mittelalterlichen Christentum wurde erstmals im Jahr 1300 ein Jobeljahr als heiliges Jahr ausgerufen, in dem ein besonderer Sündenablass möglich war.
Das Geschenk der Freiheit
Das Jobeljahr bedeutete Freiheit für die Menschen, die sich wegen ihrer Schulden als Sklaven verkaufen mussten. Normalerweise erfolgte eine solche Freilassung erst nach sieben Jahren, doch in einem Jobeljahr wurden selbst jene freigelassen, die noch keine sechs Jahre gedient hatten. Auch verlorene Ländereien wurden zurückgegeben, und ein jeder kehrte zu seinen Angehörigen zurück.
Keine Familie konnte für immer verarmen. Ehre und Selbstachtung wurden gewahrt. Selbst das Vermögen eines Verschwenders ging seinen Erben nicht endgültig verloren. Was für eine Erleichterung das für die Schuldner gewesen sein muss! Und auch für jene, die die Last der Vergebung auf sich nahmen. Es war ein Geschenk, das beide Seiten befreite.
Zwei Menschen, eine Schuld, eine Last
Stell dir vor, da ist ein Mensch, der sich schuldig fühlt. Vielleicht hat er etwas getan, vielleicht wurde ihm nur gesagt, er sei schuldig. Und nun trägt er diese Last auf seinen Schultern. Schwer.
Auf der anderen Seite ist da ein Opfer. Jemand, dem etwas widerfahren ist. Jemand, der in seinem Schmerz gefangen ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als kein Opfer mehr zu sein. Zwei Menschen, miteinander verstrickt, beide auf ihre Weise gebunden – und beide tragen diese erdrückende Last.
Vielleicht kennst du dieses Gefühl sogar selbst? Diese Schwere, die nicht vergeht. Dieses leise Flüstern, das sagt: "Es war nicht richtig, was geschehen ist. Es war nicht fair. Aber ich weiß nicht, wie ich mich davon befreien soll."
Die Sehnsucht nach Entlastung
Ist es wirklich wahr, dass man ein Opfer bleiben muss? Wie viele Menschen fühlen sich sehr lange – vielleicht ihr Leben lang – als Opfer, obwohl der Schuldige längst nicht mehr präsent ist. Der Täter ist weggezogen, verstorben, oder schlicht nicht mehr Teil ihres Lebens. Doch die Erinnerung bleibt. Und mit ihr die Last.
Zeit heilt keine Wunden, solange wir an dem Erlebten festhalten. Die immer wiederkehrenden Gedanken verstärken den Schmerz. Ein falsches Wort, ein kleiner Auslöser – und plötzlich ist wieder alles da. Als wäre es nie vergangen.
Verdrängen scheint nicht der richtige Weg zu sein. Aber gibt es überhaupt eine Lösung? Kann es wirklich eine Möglichkeit geben, diese Last abzugeben?
Es ist Zeit für ein neues Jobeljahr
Was geschehen ist, ist geschehen. Nichts kann etwas ungeschehen machen. Doch wir können uns entscheiden, wie wir damit umgehen. Wäre es nicht schön, hierfür die alte Tradition des "Jobelns" aufzugreifen und unseren Schuldigern das zurückzugeben, was ihnen gehört? Die Verantwortung für ihr Handeln.
Das bedeutet, die eigene Opferhaltung aufzugeben. Sich selbst zu entlasten, indem wir den anderen entlassen, ihm vergeben. Dabei heißt Vergebung nicht, etwas ungeschehen zu machen. Vergebung bedeutet, dem Erlebten einen Platz in unserem Leben zu geben und sich auf diese Weise die eigene Macht zurückzuholen.
Es ist eine Entscheidung, kein Opfer mehr zu sein und sich auf das Leben zu konzentrieren, das vor uns liegt.
Vielleicht ist heute der Moment, dein eigenes Jobeljahr auszurufen. Dich endlich zu entlasten und Frieden zu finden.
Nicht indem du auf die Entlastung durch den Anderen hoffst, sondern indem du dich für Frieden in dir entscheidest. Zufriedenheit ausrufst, in dir selbst. Denn niemand kann unser Leben für uns leben oder uns von einer alten Schuld, einer alten Last befreien. Das können nur wir selbst.
Wie könnte die Entlastung denn aussehen?
Befriedung in sich selbst ist kein einfacher Schritt, aber es gibt Möglichkeiten, diese bewusst zu gestalten. Hier einige Ansätze, die dir dabei helfen können:
Die eigene Geschichte anerkennen: Nimm dir Zeit, um die Ereignisse zu betrachten, ohne sie zu bewerten. Schreibe sie auf oder erzähle sie jemandem, dem du vertraust.
Gefühle zulassen: Schmerz, Wut, Trauer – all diese Emotionen sind Teil des Prozesses. Erlaube dir, sie zu fühlen, ohne dich von ihnen überwältigen zu lassen.
Den anderen loslassen: Vergebung bedeutet, dem anderen nicht mehr die Macht zu geben, dein Leben zu bestimmen. Es geht nicht darum, zu vergessen, sondern frei zu werden.
Ein Ritual schaffen: Ob du einen Brief schreibst, der nicht abgeschickt wird, oder eine symbolische Handlung wie das Anzünden einer Kerze durchführst – Rituale können helfen, einen Abschluss zu finden.
Dir selbst vergeben: Oft ist die schwierigste Vergebung die, die wir uns selbst schulden. Erkenne an, dass du dein Bestes gegeben hast, mit dem Wissen, das dir damals zur Verfügung stand.
Vielleicht ist es nicht ganz einfach, oder es scheint dir unmöglich. Aber vielleicht lohnt es sich, einen Blick darauf zu riskieren, was möglich wäre, wenn du es wagen würdest. Vielleicht würde sich "Jobel" in dir breit machen ...