Eine Reflexion über das Leben als einzigartiges Kunstwerk, das in jedem Augenblick weiter entwickelt werden will – mutig, bewusst und einzigartig
Lebenskunst – ein Begriff der Sehnsüchte erzeugt und gleichzeitig Ängste weckt.
Doch was steckt eigentlich hinter der Bezeichnung? Beschreibt sie die Fähigkeit naiver Spinner, sich abseits der Realität eine illusionäre Traumwelt zu erschaffen und unreflektiert daran zu glauben, dass alles möglich ist?
Oder ist das vielleicht das Lebensmodell von morgen, weil wir lernen müssen, mit den sich ständig verändernden Möglichkeiten zu leben, irgendwie das Beste daraus zu machen und dabei noch glücklich zu sein?
In der sinnesorientierten Gelassenheit der Antike wurde die Lebenskunst als etwas Philosophisches dargestellt. Mit der Bezeichnung ars vivendi beschrieb man "das Wissen von der richtigen Lebensführung" und betonte hierbei vor allem die Notwendigkeit der Reflexion, der Anleitung durch Vorbilder und der täglichen Übung eines bewusst geführten Lebens.
In Zeiten einer wachstumsorientierten Ellbogengesellschaft gehen die Vorstellungen von der Lebenskunst weit auseinander
Sie reichen von unbeschwertem Lebensgenuss über den gelassenen Umgang mit allen Anforderungen und Verwicklungen, die das Leben so mit sich bringt. Bis hin zu dem Anspruch, das eigene Leben unabhängig von Vorgaben als Kunstwerk zu gestalten. Um heutzutage eine ganz eigene Philosophie von einem kunstvollen Leben zu entwickeln, brauchen wir vor allem die Bereitschaft, die Fähigkeit und den Willen, die eigenen „tatsächlichen“ Lebensumstände wahrzunehmen, zu verarbeiten, um sie dann - im Rahmen unserer Möglichkeiten - persönlich und gezielt zu gestalten. Eigentlich ganz klar und irgendwie tun wir das doch alle, oder? Ja, schon - irgendwie…
Natürlich wissen wir, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Dieses Sprichwort bedient sich eines Handwerks als Methapher. Ist es das nicht auch, ein Handwerk?
Das Leben, ein einzigartiges, geistiges Werkstück - individuell, nicht duplizierbar und wertvoll
Die Vollendung des Meisterwerk Mein Leben steht damit für die Verwirklichung, Wahrung und Erfahrung, einfach "nur" man Selbst zu sein. Doch der Weg dorthin beinhaltet ständige Herausforderungen an die Persönlichkeit. Jener Figur, die voller mentaler Dispositionen steckt und Prozesse durchlebt, die oft nicht sichtbar oder nicht begreifbar in Erscheinung treten.
Statt "die Kunst, zu leben" wie im alten Griechenland als eine Hommage an das Universelle zu begreifen, fühlt es sich gerade in der heutigen Zeit für viele von uns eher an, wie "die Kunst, zu überleben“. Ein Leben voller Anpassungszwang und mühevoller Selbstoptimierung, in dem wir wie in einem Improvisationstheater scheinbare Glücksmomenten durch Konsum, virtuellen Freundeskreise und pseudopositive Anhaltspunkte inszenieren. Ein verzweifelter Versuch, uns Selbstsicherheit in kritischen Lebenssituationen zu suggerieren.
Aber wie kann es denn anders gehen?
Wie kann man sich selbst erfüllen, in einer Zeit, in der uns die Beständigkeit des Wandels in rasender Geschwindigkeit den Boden unter den Füßen wegzieht?!
Was ist denn überhaupt noch möglich, in einer Welt, in der „Genügsamkeit und Demut“ nicht als Lebensphilosophie verstanden, sondern uns in Form von Einschränkungen und Entbehrungen im Alltag als Notwendigkeit verkauft werden? Alles!
Alles ist möglich, wenn wir endlich die Suche nach dem Glück aufgeben
Das klingt verrückt, nicht wahr?! Ist es auch! Aber ist es nicht das, was man unter einem kunstvoll gelebten Leben versteht? Ein glückliches, erfülltes, sorgenfreies Leben? Doch. Das ist ja so verwirrend. Weil das ein ziemlich langweiliges, stagnierendes und unkreatives Leben wäre. Vorhersehbar, reizlos und ohne Wachstums- und Entfaltungsmöglichkeiten. Nur das Abrücken von einem zwanghaften Streben nach jenem scheinbaren Glück bewahrt die Individualität des menschlichen Lebens und Strebens. Es geht um die Kunst, das Einzigartige, das Individuelle, das Kreative, das echte Leben zu leben.
Stattdessen pflegen wir die Suche nach sinnbildlichen Leitfiguren, die (hoffentlich) den Weg durch turbulente und unsichere Zeiten kennen - und ihn für uns gehen. Und um nicht aus dem Gemeinschaftsnetz zu fallen, setzen wir lieber die Kopie eines Systems an die Stelle der eigenen Gestaltungskraft. Der Glücksbegriff ist zu einer medienwirksamen Pauschalvorstellung mutiert. Hier wird einmütig aufgezeigt, vorgeben und angeleitet, wie ein glückliches Leben auszusehen hat.
Ja, um dazu zu gehören, zu den Glücklichen dieser Welt, gehen wir sogar soweit, jegliche Individualität aufzugeben und uns dem Gruppenzwang unterzuordnen. Wir räumen der Schwarmintelligenz einen bestimmenden Platz in unserem Leben ein und verweisen unsere eigene emotionale Intelligenz und unser lebensmutiges Gespür auf die hintersten Ränge unseres Einschätzungsvermögen. Es ist dahin gekommen, dass wir um der Massenverbindung willen bereit sind, die Beziehung zu uns selbst aufzugeben. Und wehe dem, der tatsächlich sein eigenes persönliches Glück lebt!
Ja, was wäre dann eigentlich?
Wenn wir es wagen würden, ... . unsere Möglichkeiten wieder selbstbestimmt ausloten. . unserem Herzen und unserer Intuition folgen. . unsere wahre Individualität erkennen und ausdrücken. . selbstbewusst unseren Platz einnehmen. . uns gegen die Ohnmacht und für die Macht entscheiden.
Es könnte sein, dass wir unsere eigenen Perspektiven erkennen – jeder für sich.
Dann bräuchte es nur noch Mut und den Willen zur tatkräftigen Umsetzung. Und die Bereitschaft, sich hinzugeben – dem SELBST und dem eigenen Leben. Und wer dann sein Leben authentisch lebt, könnte sogar zum Leuchtturm für andere werden, der in turbulenten Zeiten zeigen kann, wo er lang gehen würde. So gesehen ist die Kunst zu Leben nicht abhängig vom Zeitalter und den Gesellschaftsvorgaben, sondern Inspiration pur.
Lebenskunst ist die ganz persönliche Haltung zum Geschenk des Lebens
Es ist die Kunst, sich bewusst auf all die Möglichkeiten einzulassen, die das Leben uns bieten kann, wenn wir bereit sind, über den Allgemeinheitstellerrand hinauszusehen. Wenn wir das erkannt haben, ein verantwortungsbereites Vorbild für uns selbst sind, die Reflexion nicht scheuen und uns auf die tägliche Übung durch die geschenkten Erfahrungen einlassen, dann ist alles möglich. In diesen Sinne - lasst uns gemeinsam eine Welt voller Kunstwerke erschaffen!